BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wiehl
Wir fair ist fairer Handel?Informationshilfen für die Diskussion über fairen Handel
von Barbara Degener
Es passiert ja nicht nur im Rat der Stadt Wiehl, sondern eigentlich überall, dass mit Bedenken gegen den fairen Handel argumentiert wird. Da begegnet man, wie im Rat (sinngemäß) seitens Herrn Teichmann vorgebracht, da sei ja nicht alles immer so „fair“ wie behauptet. Entsprechend vorsichtig müsse man sein, wenn man sich entschließe Wiehl zur Fairhandelsstadt zu machen. Am vergangenen Donnerstag habe ich an einem Seminar der GEPA in Wuppertal teilgenommen, um Argumentaionshilfen für solche Diskussionen zu erhalten.
Einige Anregungen möchte ich gerne weitergeben.
Ob der faire Handel Fluchtursachen bekämpft?
das Klima rettet?
den Terrorismus eindämmt?
Da sollten wir auf keinen Fall den Mund zu voll nehmen. Wenn sich in einer Gesellschaft die Dinge grundsätzlich verbessern etwa in Hinsicht auf soziale und ökonomische Sicherheit, Gleichberechtigung der Frauen, ein gutes Bildungsangebot, dann können dazu eine Fülle von Ursachen beitragen. Die Wirkungen des fairen Handels auf die Situation in den Erzeugerländern sind in dieser Hinsicht klein. Noch schlechter überblickt sind die gewünschten Veränderungen in den Industriestaaten des Nordens. Es liegen auch bisher kaum Studien vor, die wissenschaftlichen Standarts genügen bzw umfassend genug angelegt sind. (Die sind auch sehr teuer , müssen langfristig angelegt sein und sehr viele Aspekte in den Blick nehmen.) Trotzdem wird die Kontrolle durch Studien sehr ernst genommen. Sie geben Klarheit, wo Verbesserungsbedarf besteht und schaffen Transparenz und damit Glaubwürdigkeit für den Kunden.
Fairhandel kann nicht den Himmel auf Erden bewirken.
Es gibt eine Fülle von Produkten, die das Siegel tragen, die aber deshalb nicht hinsichtlich aller Zutaten nachweislich fair sind. Selbst die den strengen Vorgaben der WFTO (World Fair Trade Organisation) genügenden Produkte stammen möglicherweise nur zu einem geringen Prozentsatz aus der Produktion eines Herstellers, etwa einer Kooperative. Der Rest wurde anderweitig verkauft. Die Hersteller entscheiden nämlich selbst darüber, wie viel sie verkaufen, welchen Preis sie erhalten möchten und was sie mit dem Geld machen wollen. Ob der gezahlte Preis zu einem Einkommen führt, das den tatsächlichen Kosten der Lebenshaltung entspricht, kann leider nicht gesagt werden. Es kann sein, dass der Produzent Preise kalkuliert, die nicht alle Faktoren berücksichtigen. Frauenarbeit z.B. wird öfter mal nicht bezahlt. Die Ermittlung der Lebenshaltungskosten ist ein sehr komplexes Thema, dem sich zur Zeit eine Pilotstudie der WFTO widmet. Auf der einen Seite erwartet die Kundschaft hierzulande, dass „fair“ auch einen gerechten Lohn beinhaltet, auf der anderen Seite befürchten die Mitglieder des Handels, dass die Produkte in diesem Falle (noch) viel teurer würden, als sie im Augenblick sind.
Was bewirkt der faire Handel denn dann überhaupt?
Hier macht es Sinn, Fallbeispiele zu nennen. Denn es gibt zahlreiche Zeugnisse darüber, dass sich die Situation bei den Mitarbeitern vieler Handelspartner tatsächlich gebessert hat.
Reisbauern in Thailand
Da gibt es z.B. das thailändische Kleinbauernnetzwerk „Green Net“. Die beteiligten Bauern haben nach anfänglichen Mühen erfolgreich die Produktion auf Bio-Reis umgestellt, dabei den Bodenertrag und die Gesundheit der Bauern verbessert, die Chancen auf dem Exportmarkt (75% der Produktion) wie auch auch auf dem heimischen Markt erhöht. Die Zukunft im Hinblick auf den Klimawandel ist besser gesichert dank einer ökonomischeren Wasserwirtschaft, der Zusammenarbeit mit einer Saatbank und der Erweiterung des Angebotes auf andere Produkte wie Kokos und Aloe Vera.
Merke: Fairhandel kann durchaus ein wichtiger Schritt bei der Bewältigung der Probleme sein, die der Klimawandel mit sich bringt.
Clickboxes aus Südafrika
Die Arbeiterin aus dem Kongo hat eine Stelle in Südafrika gefunden bei einer (reinen Frauen-) Firma, die Pet Flaschen recycelt. Aus dem gesammelten Abfall werden Schmuckboxen mit unterschiedlicher Verwendbarkeit hergestellt. Sie verdient genug, um auch ihre Familie zu Hause zu unterstützen und dem Sohn eine Schulbildung zu bezahlen. Sie hofft auf eine eigene Ausbildung mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt.
Merke: Fairhandel bewirkt keine Sensationen auf dem Bildungsmarkt.
Aber er schafft eine der vielen Voraussetzungen dazu. (Er kann im übrigen auch nicht verhindern, dass der ausgebildete Sohn sich später eine Stelle in Europa sucht)
Merke: Bei diesen Fallbeispielen wird vor allem auch ein Faktor deutlich, dessen Auswirkungen man nur schwer messen kann. Die Menschen erfahren Bestätigung und Wertschätzung und blicken optimistisch auf die Zukunft. Fairhandel beseitigt nicht die Benachteiligung von Frauen in vielen Ländern der Erde, aber er kann ein Schritt auf dem Weg dorthin sein.
Brächte der faire Handel wirklich das Ergebnis, das wir uns alle wünschen, wäre unsere Arbeit an diesem Thema überflüssig. Wir sind nicht am Ziel, sondern immer auf dem Weg.
Was tun?
Damit es ein bisschen schnelles geht mit den paradiesischen Zuständen, müsste der Absatz fair gehandelter Produkte deutlich gesteigert werden. Auch ein bisschen „fair“ im erstandenen Produkt ist meiner Meinung nach immer noch besser als gar nicht fair. Es ist zuweilen nötig, politisch aktiv zu werden und Position zu beziehen, wenn Maßnahmen befürwortet oder legalisiert werden, die einer größeren globalen Gerechtigkeit eindeutig entgegen laufen.
Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist. (Dalai Lama)
Infos zum Thema unter: www.gepa.de oder www.forum-fairer-handel.de