BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wiehl
Rede zum Haushalt 2016Rede zum Haushalt 2016
Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren von Rat und Verwaltung und auf den Zuschauerstühlen
Vorbemerkung: Wenn ich die Reden von CDU und SPD höre, frage ich mich, gibt es zwei Wiehls im Oberbergischen oder ist die aktuelle Haushaltssituation wirklich wie der Blitz vom heiteren Himmel gekommen.
In Anbetracht der Terminierung dieser Ratssitzung in der Karnevalswoche könnte ich hier und heute mal wieder zum Horne greifen und „Sautot“ blasen. Ich lasse es bleiben, keine Sorge. Nicht nur, weil ich Ihre Ohren schonen möchte. Es würde, so scheint es, auch wenig bringen: Rat und Verwaltung tanzen doch nur nach einem anderen Pfeifer.
So wie mir überhaupt scheint, dass das, was ich in den letzten Jahren hier an Kabarett und Kindergarten erlebt habe, locker für ein abendfüllendes Comedy Programm im Burghaus gereicht hätte.
Stichwort „ Kindergarten“ : Die Farce um die gemeinsame Rede und das Geschenk für unseren Altbürgermeister, frei nach dem Motto: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“. Oder die Verabschiedung des letzten Haushaltes im Dez 2014 als Tischvorlage. Eine gute Stunde wurde unserer Fraktion da gewährt, um über ½ Million Änderungsvolumen zu entscheiden. Dieses Jahr haben wir schon 2 Werktage Zeit, und die Änderung beträgt nur noch knapp 400 000 € – Immerhin ein deutlicher Fortschritt.
Sie wissen, dass unter den Anträgen in den hiesigen Gremien ein Demografie-Scheck steht? – Wissen Sie auch, dass nur die wenigsten Kreuze darauf von unserem Demografie-Beauftragten stammen?
Dank an die örtliche Presse. Sie sind gerade uns kleineren Parteien eine große Hilfe. Ohne ihre Berichte wären uns manche Informationen erst viel später bekannt geworden. Gerade bei Kleinigkeiten wie dem Investitionsbedarf von 60 Mill € oder den Planungsänderungen beim Bad, wie den Verzicht auf den Badebereich an der Wiehl oder den auf das Außenplantschbecken für Kinder oder das jetzt innen doch gekachelt wird, wann auch immer? Oder zuletzt die Baumfällaktion von 3200 Stämmen in Bielstein. Also Herr Thies, Herr Hühn bleiben sie neugierig, genug ist nicht immer genug!
Wir sollen heute über den Haushalt 2016 beschließen. Einen Haushalt, der zunächst eine Erhöhung der Gewerbesteuer wie der Grundsteuer B vorgesehen hat, weil mit den anvisierten Mehreinnahmen von 700.000 € die Neuverschuldung im Rahmen von 4.1 Mill gehalten werden sollte. Angeblich ist die Erhöhung der Gewerbesteuer dank erhoffter Mehreinnahmen von 400.000 nicht mehr notwendig. Den kleinen Mann alleine zu belasten, scheint da ungerecht – ist es ja auch – also verzichtet man auch auf die Grundsteuererhöhung.
Was ich dabei nicht verstehe, ist, dass ein Defizit von jetzt geplant 4,5 Millionen immer noch in Kauf genommen wird. Es hat 30 Jahre gedauert, bis Wiehl finanziell dasteht wie Persil. Es wird, wenn so weiter gewirtschaftet wird, keine drei Jahre dauern um diese Entwicklung wieder umzukehren. Schlimmer noch: Hier wird in der Planung der kommenden Jahre die Handlungsfreiheit der Stadt bewusst aufs Spiel gesetzt. Warum schaffen wir nicht alle freiwilligen städt. Leistungen gleich ab????
Sicher steckt in diesem Haushalt eine Menge Arbeit der einzelnen Referate der Stadtverwaltung. Ein Konzept aber, eine übergreifende Idee von der Zukunft der Marke Wiehl kann ich nicht erkennen. Statt Entscheidungen auf ihre Akzeptanz, Machbarkeit (gerade auch in Hinblick auf die personelle Auslastung zu Zeiten der andauernden Völkerwanderung) und Finanzierbarkeit zu hinterfragen; statt Ziele der Stadtentwicklung zu formulieren, wird nur geschaut, wo man noch einen Zuschuss bekommen kann. Jedenfalls habe ich als Mitglied einer – gefühlt lästigen „kleinen Partei“ diesen Eindruck.
Ich begrüße darum außerordentlich, dass Sie, Herr Bürgermeister, die Pläne für die weitere Entwicklung der Stadt noch einmal zur Diskussion stellen wollen. Ich bitte Sie, dies bald zu tun und diese Diskussion auf breiter Basis mit den Vertretern der Verwaltung, allen Parteien im Rat und der Bürgerschaft zu führen.
Mein Glaube – wie auch der vieler Bürger – an einen seriösen Umgang mit den städtischen Finanzen ist leider nachhaltig erschüttert worden und wird es noch durch den Umgang mit der Bädersituation in Wiehl.
Als sachkundiger Bürger, Vorsitzender des Schwimmvereins und Mitglied in der ehemaligen sogenannten Bädergruppe des Sportausschusses habe ich mich dummerweise intensiv in die Sachproblematik eingearbeitet, nicht wissend, dass in Wiehl Entscheidungen ab einer gewissen Finanzhöhe rein politisch gefällt werden. Auffassungen, die von der Linie der Verwaltung und den sie tragenden Parteien abweichen sind dann hinderlich bzw. unerwünscht. Schnee von gestern, Klappe zu, Deckel drauf! Wir müssen jetzt mit dem zurecht kommen was geplant wurde und gebaut wird:
Das Kombibad: Eigentlich in der Wortwahl eine Täuschung, weil zum Hallenbad das Freibad fehlt.
Sie wissen, das im Haushalt 2016 – gegen unseren Wunsch – nun 45 000 € eingestellt sind, um u.a. ein Betriebskonzept für das neue Bad zu erstellen. Natürlich (!) muss dazu eine auswärtigen Fachkraft hinzugezogen werden, um ein Werbekonzept für sage und schreibe 20.000 € zu entwickelt und die Mitarbeiter der FSW für stolze 5000 € in die komplizierte neue Technik einzuweisen. Ein Betriebskonzept erstellt man normalerweise vor der Planung und dem Bau eines Betriebes! Außerdem ich wüsste gerne, ob diese auswärtige Fachkraft wieder die Firma Krieger ist, die so genial bei der Vorkalkulation der Edelstahlbecken daneben lag und sich bei der selbigen für die Fliesenarbeit noch übertroffen hat.
20000 € auch für Werbung! Wenn man die Angebote der Zusammenarbeit bei der Erstellung eines Betriebskonzeptes, und damit meine ich fachlich kompetente, mit der Materie vertraute Mitglieder des WSG einfach ignoriert, dann sollte man natürlich auch bei der Werbung nicht kleckern! Die Einweisung in die Technik gehört im übrigen meiner Ansicht zu den Baukosten. Warum stehen diese Positionen eigentlich im Sporthaushalt statt bei der FSW?
Obwohl wir seitens unserer Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen dem Haushalt in vielen Teilen zustimmen können – z. B. die geplanten Ausgaben für den Umbau des Gymnasiums befürworten wir – lehnen wir diesen Haushalt ab. Wir hätten es ehrlicher gefunden, wenn die Bedenkenträger gegen die Steuererhöhungen dies offen bekundet hätten, indem sie einen entsprechenden Antrag gestellt hätten als zum wiederholten Male die Verwaltung zu einer kurzfristigen Änderung zu zwingen.
Es zeugt von schlechten demokratischen Umgangsformen, wenn wir für diese Änderungen so wenig Bedenkzeit erhalten. 4,1 Mill oder 4,5 Mill. Defizit sind für uns nicht Peanuts, über die man mal eben so entscheidet. Und wir haben Zweifel, ob – siehe FSW – wirklich alle Einsparpotentiale gewissenhaft geprüft und wahrgenommen werden.
Herr Bürgermeister, der von Ihnen im Dezember eingebrachten Fassung hätte ich persönlich eher zugestimmt. Auch in der Hoffnung, das ihnen vieles von dem gelingt, was sie an politischen Zielen und Stilen formuliert haben. Einiges haben Sie umgesetzt, dafür möchte ich mich im Namen unserer Fraktion ausdrücklich bedanken.
Wir wünschen uns, dass der Haushalt 2017 die Perspektiven und Zielvorstellungen enthält, die sie selbst angemahnt haben. Und würden uns freuen diesem dann zustimmen zu können.
Wenn ich in meinem Beitrag drastische Worte verwendet habe, so auch weil wir die Schönredereien satt haben. Wir finden die Menschen haben ein Recht auf ehrliche, offene und verständliche Worte. Wir wollen, dass Politik ernst genommen wird auch und gerade Kommunalpolitik, dass unsere Arbeit – unsere größtenteils ehrenamtliche Arbeit – gewürdigt wird.
Wir fordern: Sachverstand statt Klientelinteressen, Kompetenz statt parteipolitisches Kalkül, langfristig tragfähige, krisensichere Entscheidungen statt kurzfristige Kirchtumspolitik.
Nur so gewinnen wir wieder politische Glaubwürdigkeit … und Nichtwähler!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.