BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wiehl

Haushaltsrede 2022

Beitrag zur Haushaltssatzung 2022 BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Wiehl, vorgetragen von Jürgen Körber

Kinder sind unsere Zukunft“

Herr Bürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen, wir gehen davon aus, dass sie diesem Satz zustimmen können.
Und, wenn ebenso die anwesenden VertreterInnen der Presse und der Verwaltung darin übereinstimmen, dann sollte das für alle hier in der Halle, – auch für die BesucherInnen – Konsequenzen haben.
Konsequenzen für unser Handeln, die sich auch im zu beratenden Haushalt wiederfinden sollten. – Tun sie das? Jein.

Unser Leitgedanke – Kinder sind unsere Zukunft – klingt abgedroschen, ist aber so.

Umso schöner, dass sich Wiehl in der glücklichen Lage befindet, die Beiträge für die Kitas und OGS nicht erhöhen zu müssen.
Auch sonst ist der Stadt in diesem Bereich eine erfreuliche Umsicht zu bescheinigen.

Zudem begrüßen wir, dass der Umbau des Kulturhauses in Drabenderhöhe zu günstigen Bedingungen starten kann und freuen uns auf eine weitere vielfältige Nutzung.
Ebenso begrüßen wir das großzügige Kulturangebot mit dem Kulturkreis, dem Schauspielstudio, den Büchereien und der Unterstützung von Initiativen auf Vereinsebene. Vieles davon gehört zu den sogenannten freiwilligen Leistungen. Wir wünschen und hoffen, dass wir sie in dieser Form und Höhe erhalten können. Wir schätzen es sehr, dass wir mit der Burg in Bielstein und mit dem Gebäude für die Bücherei auf der Hauptstraße einen baulichen Rahmen haben, der seinesgleichen sucht.
Einige von uns fragen sich allerdings, ob die Stadt hierfür so hohe Mieten zahlen muss?

Kinder sind unsere Zukunft, das verpflichtet uns zur Nachhaltigkeit.
Dazu eine Definition der LAG 21*: Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“

Ist uns dies bewusst, wenn wir Entscheidungen treffen, mit denen nachfolgende Generationen finanziell belastet werden? Um die Zukunftsfähigkeit zu sichern, müssen Investitionen getätigt, aber auch Vorhandenes gepflegt und saniert werden, bei Zeiten!

Geschieht dies mit der nötigen Verantwortung? Fragen wir uns oft genug, ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht? Müssen wir derart viele Projekte gleichzeitig starten, nur weil es dafür gerade Fördertöpfe gibt? Liegt es an den zahlreichen Vorhaben dieser Stadt, dass ständig externe Berater herangezogen werden müssen, gegen Bezahlung natürlich.
Auch im Haushalt 2022 finden sich dafür noch Kosten in Höhe von 680.000 €. Immerhin etwas weniger als in einigen Vorjahren. (Einmal nahe an der Million)

Vor dem Hintergrund, dass dieser Haushalt lediglich aufgrund der Corona-Isolierung kein Genehmigungshaushalt ist, begrüßen wir die lang fällige Erhöhung der Gewerbesteuer auf 460% , immer noch der niedrigste Hebesatz im Kreis, und der Grundsteuer B auf den fiktiven Hebesatz des Landes, 479%. Die geplanten weiteren Anhebungen der nächsten Jahre sollten jetzt aber auch deutlich kommuniziert werden.

Es wäre für die Bürger weniger schmerzlich gewesen, hätte man diese Anpassungen bereits in wirtschaftlich guten Zeiten in kleineren Schritten vorgenommen. Nach dem guten alten Motto: Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.
Ich darf die Runde an den 23.2.2021 erinnern und zitiere aus dem Protokoll:
„Der Rat der Stadt Wiehl lehnt Antrag 1 wegen Stimmengleichheit bei 21 Ja-Stimmen und 21 Nein-Stimmen ab.“
Antrag 1 war der Antrag der Genossen die Gewerbesteuer um 20 Punkte anzuheben.
Wenn Sie, Herr Bürgermeister, heute sagen, Sie hätten die Erhöhung der Gewerbesteuer schon länger für nötig befunden, warum haben Sie dem Antrag der SPD vor 10 Monaten nicht zugestimmt?

Weitere Anpassungen an die Klimakrise werden notwendig sein. Dazu gehört auch das Thema Mobilität, mit besonderen Herausforderungen im ländlichen Raum. Positiv ist hier die Befragung der Wiehler Bürger, – leider wieder durch ein auswärtiges Büro -, und die Stellenausschreibung für eine Mobilitätsmanagerin.
Wie notwendig das ist, zeigen die Fehlplanungen am Stadteingang West (unübersichtliche Kreuzung, fehlende Radwege). Schwer nachvollziehbare Kostensteigerungen in der Unterhaltung und Gestaltung der Verkehrsflächen, auch und insbesondere durch Maßnahmen im Rahmen des ISEK-Programms.

Wir freuen uns, dass die Stadt die Anregungen aus der Bürgerschaft aufgenommen hat und nun auch die eigenen Anstrengungen durch eine Mitgliedschaft in der LAG21 erhöht.
In diesem Kontext ist auch die Arbeit der Klimawerkstatt zu erwähnen, wo mit viel Engagement der Verwaltung ein Fahrplan für eine nachhaltigere Stadt erarbeitet wird und wir wünschen uns, dass das ambitionierte zeitliche Ziel, im April einen entsprechenden Ratsbeschluss zu erwirken, erreicht wird.
Auch und gerade zum Wohle unserer Kinder,…

Der Umweltschutz wird im Produkt 1.14, das im Moment haushalterisch mit 0,1% des gesamten Haushaltes (74.734 €) bedacht ist, nicht hinreichend abgebildet. Sicher finden sich hierzu auch Ansätze in anderen Produktgruppen (Förderprogramm Photovoltaik, Ausstattung der Feuerwehrhäuser mit Solaranlagen), doch echte Transparenz was die Bemühungen der Stadt Wiehl bei diesem Thema angeht, erlangt man nur, wenn man alle Ausgaben für Klima- und Umweltschutz klar im Haushalt ausweist. Das zeigt dann die tatsächliche Handlungsbereitschaft der Stadt und kann Wiehl in ein positiveres Licht setzen.

Transparenz vermissen wir auch bei anderen Produktgruppen des Haushalts. mDH
Wo findet sich beispielsweise der Kostenanteil der Stadt Wiehl am MONTI-Projekt?

Analog zum Wortlaut der Überschrift des Koalitionsvertrages unserer neuen Bundesregierung würden wir „Mehr Transparenz wagen“ als Motto für zukünftiges Verwaltungshandeln empfehlen. Junge Familien legen heute großen Wert darauf, in einer in jeder Hinsicht nachhaltigen Kommune zu leben.

Eine nachhaltige Kommune hat auch einen nachhaltigen Haushalt.

Das Corona-Isolierungsgesetz schafft vorübergehend etwas Spielraum, allerdings muss bis 2025 ein Beschluss gefasst werden, ob man die dannderzeitig absehbaren 6 Mio. auf einen Schlag zurückzahlen will (was fair wäre) oder über die kommenden 50 Jahre abschreibt.

Kinder sind unsere Zukunft, wollen wir sie mit unseren Schulden belasten?
Pi, Rho, Sigma, Tau, Ypsilon, Phi, Xi, Psi, Omega….
Was, wenn es dem Virus gefällt, uns mit weiteren Varianten zu drangsalieren?
Der Haushaltsplan geht davon aus, dass die Aufwendungen für Corona 2022 extrem zurückgehen und ab 2023 verschwinden, blauäugig, urteilen sie selbst?

Durch eine unerwartet gute Gewerbesteuerentwicklung 2021 wird die Ausgleichsrücklage erst 2023 aufgebraucht sein. Trotzdem kann von einem krisensicheren Haushalt keine Rede sein. Wir müssen vorsichtig sein mit zukünftigen Projekten, auch, da wir diese ausschließlich kreditfinanziert realisieren können.

Viele Planungen werden wir Grünen sehr kritisch begleiten, wie beispielsweise die Umbaumaßnahmen am Freibad Bielstein (Ansatz 22+23 1,6 Mill), den Besucherpavillion Freizeitpark (Seite 41 im Vorbericht letzten beiden Spalten, Ansatz für 22 und 23 insgesamt 5,05 Mill €), das MONTI-Projekt, die Planungen des Dietrich-Bonhoeffer Gymnasiums (wo bleibt die kurzfristig versprochene Besichtigung der Frankfurter Schule in Holzbauweise?), Straßenausbau in Hinblick auf verändertes Verkehrsverhalten und Ausbau des ÖPNV, …

Aber auch defizitären Strukturen der Gemeinde (z.B. FSW) müssen in Angriff genommen werden und durch kluge, vielleicht auch für manche, schmerzhafte Maßnahmen im Sinne der Allgemeinheit angegangen werden.

Wir hoffen, dass die Verwaltung weiterhin ein gutes Händchen in Personalangelegenheiten hat und in der Lage sein wird, alle offenen Stellen mit qualifizierten Mitarbeiterinnn zu besetzen. Mit einer Reduzierung der Vorhaben, auf das, was nötig und leistbar ist, wären diese entlastet.
Eine Nutzung der vorhandenen guten Kenntnisse und Fähigkeiten ist auch für die Mitar-beiterinnen deutlich motivierender, als nur Umsetzerinnen von fremden Konzepten zu sein.

Wir stimmen dem Haushalt unter der Voraussetzung zu, dass wie angekündigt die eingeplanten 7,5 Mio. € für das Gewerbegebiet Kahlhambuche aus der Investitionsplanung 2022 herausgenommen wurden. (Änderungsantrag, falls nicht schon geschehen, geht aus dem Nachtrag nicht eindeutig hervor)

Dem Personalplan und dem Wirtschaftsplan des Abwasserwerkes stimmen wir ebenfalls zu. – Den Wirtschaftplan der FSW lehnen wir ab.
Im Namen unserer Fraktion wünsche ich allen Anwesenden ein friedvolles Fest. Und – nie war der alte Wunsch aus den neuen Bundesländern so aktuell wie in dieser virulenten Zeit: ein gesundes Neues. – Danke für ihre Aufmerksamkeit.

*) LAG 21: Die Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. ist ein unabhängiges Netzwerk von Kommunen und zivilgesellschaftlichen Verbänden, Vereinen und Akteuren in Nordrhein-Westfalen, das durch Bildung, Beratung, Projekte und Kampagnen lokale Nachhaltigkeitsprozesse strategisch unterstützt und praxisorientiert umsetzt. www.lag21.de

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